Luf-Boot aus Papua-Neuguinea: Spätestens seit der Debatte um das Humboldt Forum in Berlin wird die Zukunft ethnologischer Sammlungen auf großer Bühne verhandelt. Foto: Paul Langrock/laif
Antoinette Maget Dominicé, Juniorprofessorin für Werte von Kulturgütern und Provenienzforschung an der LMU: „In einem interdisziplinären Dialog sind Kunstmuseen gefordert, ihre Bestände nach Provenienzen zu erforschen und neu zu kontextualisieren, Gremien diverser zu besetzen und Ausstellungen anders zu konzipieren. Das hat Folgen für das Kunstmuseum als Institution und zeigt sich in der Debatte zur Definition des Museums wie in Ausstellungen, die kritische Ereignisse wie die Sklaverei aufgreifen. Es hat Auswirkungen auf den Kunsthandel, in dem bisher ausgeschlossene Kunstschaffende häufiger auftauchen, und für die Kunstgeschichte als Wissenschaft, die ihre Kriterien zu hinterfragen hat, um den Wandel von einer ,ausschließenden‘ zu einer inklusiveren Disziplin zu vollziehen.“
Philipp Schorch, Professor für Museumsethnologie an der LMU: „Ethnologische Museen haben derzeit viel Aufmerksamkeit, doch scheint die Debatte in einer Sackgasse zu stecken: Die Argumente wirken oft überdeterminiert, polarisierte Positionen treffen aufeinander. Dabei geraten der ursprüngliche Zweck der Sammlungen und ihre mögliche Bedeutung für zukünftige Herausforderungen leicht aus dem Blick. Die Betrachtung beider zeitlicher Dimensionen aber ist der Schlüssel zu einer produktiven Auseinandersetzung mit der Gegenwart und Gegenstand der Museumsethnologie im 21. Jahrhundert. Sie reicht von der Wissenschaftsgeschichte über den Status und die Handlungsmacht der Dinge bis zu kollaborativen Methoden und indigenen Museologien.”
Uta Werlich, Direktorin des Museums Fünf Kontinente, München: „Die ethnologischen Museen durchlaufen derzeit einen grundlegenden Wandel. Dabei gibt es ein klares Bekenntnis zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen kolonialen Verflechtung und der engen Zusammenarbeit mit den Nachkommen der Urheberinnen und Urheber der von uns verwahrten Sammlungen. In der Folge bedeutet dies Transparenz zu schaffen mit Blick auf Sammlungen und Archivalien sowie die kollaborative Provenienzforschung voranzubringen. Gleichzeitig muss die Ausstellungspraxis mit dem kuratorischen Monolog brechen, das Zuhören und den Austausch von Expertise in den Mittelpunkt stellen und so zur moderierenden Vermittlungsarbeit werden.”
Lesen Sie im nächsten Heft ein ausführliches Gespräch zur Zukunft der Ethnologie.
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