Forscherinnen und Forscher der LMU haben beim Science Slam ihre wissenschaftlichen Themen und ihr kreatives Können vorgestellt. Die Begeisterung bei Akteurinnen und Akteuren wie auch beim Publikum war riesig. Das Format hat sogar Studierende und Forschende anderer Hochschulen an die LMU gezogen.
Im Walther-Straub-Hörsaal am Medizin-Campus der LMU herrscht aufgeregtes Stimmengewirr. Obwohl die Abendsonne mit idealen Biergartenbedingungen lockt, sichern viele sich bereits jetzt die besten Plätze – eine halbe Stunde bevor es losgeht. Wer glaubt, das Format Science Slam habe allmählich ausgedient, kann sich hier und heute eines Besseren belehren lassen.
„Mit diesem lockeren Format haben wir die Möglichkeit, wichtige Forschungsinhalte an ein junges, interessiertes Publikum zu kommunizieren“, meint Professor Oliver Jahraus, Vizepräsident für Studium und Lehre an der LMU. Er ist Schirmherr der Veranstaltung. „So können wir unsere Studentinnen und Studenten auch für Forschungsthemen aus ganz anderen Bereichen begeistern – auf eine sehr unterhaltsame und zum Teil sogar lustige Art und Weise.“
Davon ist auch Sophia Strasser überzeugt, die schon ihrem eigenen Auftritt entgegenfiebert: „Science Slams sind eine optimale Gelegenheit, um Menschen für Wissenschaft zu begeistern. Das ist ein toller Rahmen, um Themen, die sonst keine Aufmerksamkeit dieser Art haben, eine Bühne zu bieten.“ Sophia Strasser studiert Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der LMU und tritt heute Abend auf genau so einer Bühne auf.
Aus allen Ecken der LMU und sogar von anderen Hochschulen ist das Publikum zum Science Slam gekommen: Betriebswirtschaftler und Biologinnen, Philosophinnen und Physiker – auch von anderen Universitäten. Alternative Outfits und bunte Haare drängen sich neben Gelfrisuren und schicken Hemden, an denen teure Sonnenbrillen baumeln. Vom Ersti bis zum Prof sind auch alle Altersklassen dem Ruf zum zweiten großen Science Slam der Münchener Universitätsgesellschaft an der LMU gefolgt.
Drei Kategorien und viel Freiheit
Als es losgeht, ist der Saal bis auf den letzten Stuhl besetzt. Schon jetzt herrscht Jubelstimmung. Bei anschwellender Musik betreten die Moderatoren Vincent Courtens und Julia Strasser-Garnies die Bühne und erklären die Regeln für das anstehende Spektakel: Insgesamt zwölf Slammerinnen und Slammer treten in den drei
Kategorien „Poetry Slam“, „Freestyle“ und „TED Talk“ mit- und gegeneinander an. Dabei hat jeder Slammer genau fünf Minuten Zeit, um das Publikum von sich zu überzeugen. Die Sieger werden via Applaus ermittelt – mit einer App, die das Klatschen, Stampfen und Grölen ganz wissenschaftlich in Dezibel misst. So viel sei vorweggesagt: Die App wird im Verlauf des Abends lautstärketechnisch an ihre Grenzen stoßen.
Die Acts auf der Bühne sind ein bunter Blumenstrauß aus Themen, Fachgebieten und Auftrittsformen. In einem Moment lauscht das Publikum gebannt einem nachdenklichen Gedicht über den Prozess der Selbstfindung im Studium – zwischen Anglistik und Film- und Medienkultur, nur um kurz darauf Tränen zu lachen, als Geschichtsdoktorand Simon Hauser in Nonnenkutte mit rasantem Tempo durch die Klosterliteratur des 15. Jahrhunderts hetzt und dabei eine witzige Pointe nach der anderen raushaut. „Ihr dürft nicht so viel lachen, ich hab‘ nicht so viel Zeit!“ Während Tiermedizinstudentin Franziska Berchtold eine Ode an die Kuh in ihrer „bovinen Vollkommenheit“ zum Besten gibt, bringt Andrei Vinnik die Anwesenden mit seiner musikalischen Interpretation zweier Gedichte von Hannah Arendt sogar zum Mitsingen. Damit sichert er sich unter tosendem Applaus den ersten Preis in der Kategorie „Freestyle“. „Ich habe schon beim letzten Mal mitgemacht und wollte diesmal gewinnen!“, sagt der Musik- und Medienstudent.
Ums Gewinnen geht es aber eigentlich nur am Rande. Im Vordergrund stehen die verschiedenen Beitragenden, die für ihre Themen brennen und andere dafür begeistern wollen. „Science Slams sind eine tolle Kommunikationsplattform“, sagt Julian Trummer, der mit seinem Vortrag über Lehm und Holz als nachhaltige Baumaterialien den Sieg in der Kategorie „TED Talk“ ergattert. „Es geht nicht darum, anderen Forschenden aus der eigenen Fachblase etwas zu erzählen, sondern damit raus in die Welt zu gehen.“
Fröhliche Fächerverflechtung
Bereits in der Pause steht man dicht beieinander und diskutiert über die bisherigen Beiträge, die teilweise hochaktuelle Themen aufgreifen und verschiedene Fachbereiche verbinden: Was hat Ethnologie mit Frühpädagogik zu tun? Wie können technische Hilfsmittel dabei helfen, Gelähmten ihre Sprechfähigkeit zurückzugeben? Welche Fragen werden unsere Kinder uns in 30 Jahren über den Umgang mit der Klimakrise stellen? Das Thema Umwelt und Klima wird gleich in mehreren Auftritten aus verschiedenen Perspektiven aufgegriffen. „Wir schreiben gerade massiv Geschichte für unsere Kinder und die nächsten Jahrtausende“, sagt die Geografin Magdalena Mittermeier, die in ihrem TED Talk eine Zeitreise in zwei alternative Klimazukünfte unternimmt. Ihr Sohn, der im Jahr 2053 um die dreißig Jahre alt sein wird, ist im Publikum mit dabei.
Als Preise und Urkunden verteilt und die Sieger gekürt sind, endet der offizielle Teil des Science Slams an der LMU. Aber draußen geht die Party weiter. Sophia Strasser, die mit ihrem Gedicht über das Anthropozän den zweiten Platz in der Kategorie „Poetry Slam“ gewonnen hat, ist umringt von Menschen, die ihr gratulieren und sich mit ihr austauschen wollen. „Das war mein erster Slam. Ich wollte eigentlich erstmal nur teilnehmen und Spaß haben. Dass ich einen Preis gewinne, hätte ich nicht gedacht.“ Ob sie beim nächsten Mal wieder dabei sei? „Auf jeden Fall! Es macht Riesenspaß! Wenn man Bock darauf hat, dann sollte man sich das trauen!“
> interview: doa
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