Im Wintersemester startet ein deutschlandweit einzigartiger Masterstudiengang an der LMU. „Environment and Society” am Rachel Carson Center soll Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen für Herausforderungen im Zusammenspiel von Umwelt und Gesellschaft rüsten.
Ein Holzstuhl mitten im Wald, Pflanzen in der Vitrine einer U-Bahn-Station oder aber der Abdruck eines Blattes auf dem Asphalt: Ganz unterschiedliche Motive hatte das Team des Rachel Carson Centers (RCC) für ein Plakat erwogen, das auf den neuen Masterstudiengang „Environment and Society” aufmerksam machen sollte. Denn schließlich hat das Zusammenspiel von Umwelt und Gesellschaft ganz unterschiedliche Ausprägungen. Ab dem Wintersemester sollen LMU-Studierende mit dem neuen Lehrangebot die gesellschaftlichen Auswirkungen auf die Umwelt genauer beleuchten können. Der Masterstudiengang soll ihnen das nötige Wissen und humanistische Verständnis vermitteln, um drängenden Herausforderungen zwischen Gesellschaft und Umwelt begegnen zu können.
„Der Studiengang bietet die in Deutschland bislang einzigartige Gelegenheit, den Themenbereich Umwelt und Gesellschaft aus der Perspektive der Environmental Humanities auf Masterniveau zu studieren”, erklärt Dr. Anna Antonova, die den neuen Master am RCC mitkoordiniert. Vergleichbares zu dem viersemestrigen Studiengang gibt es bislang nur im Ausland, darunter in Italien, Großbritannien und den USA.
Popkultur, Umwelt in der Literatur und Umweltgerechtigkeit
Der Studiengang wird auf Englisch und Deutsch unterrichtet. Während alle Pflichtmodule in englischer Sprache durchgeführt werden, finden sich unter den Wahlpflichtmodulen auch Angebote auf Deutsch. Im Rahmen der Kurse beleuchten die Studierenden weltweite Herausforderungen für Umwelt und Gesellschaft – von Klimakrise, über Artensterben bis hin zu Umweltverschmutzung und
-gesundheit. Zu den Pflichtmodulen in den ersten Semestern zählen eine Einführung in die Environmental Humanities, eine Vortrags-serie von Wissenschaftlern und Fachleuten zu hochaktuellen Themen und das Modul „Representation and Outreach”. In letzterem geht es um Formen der Umweltkommunikation – akademischen, journalistischen, aber auch solchen wie Podcasts und Blogs. Das Modul
„Environment and Justice” wirft derweil Fragen der Umweltgerechtigkeit auf: Wer ist am stärksten vom Klimawandel betroffen? Ist Umweltschutz ein Luxus und nur den Reichen vorbehalten? Und warum erfahren manche Probleme mehr mediale Aufmerksamkeit als andere? Im zweiten Jahr erlaubt beispielsweise das Modul „Landscapes and Urban Environments” Studierenden eine Reflexion darüber, wie der Mensch die Umwelt geformt hat und diese in Zukunft auf neue und ungewöhnliche Weise bewohnen könnte.
Eine Studentin des neuen Programms etwa, Sara Meyer, hatte sich in ihrer Bachelor-Arbeit in „Liberal Arts and Sciences“ damit befasst, wie urbane Räume und Grünflächen die psychische Gesundheit der Stadtbewohner widerspiegeln. „Ich hoffe, dieses Thema in dem Master-Studiengang weiter verfolgen zu können“, so die 23-Jährige. In der Zukunft kann sie sich eine Karriere in der Forschung oder auch in einem Unternehmen vorstellen.
Die Mexikanerin Viridiana Otamendi, die nun ebenfalls das Masterstudium „Environment and Society“ aufnimmt, beschäftigt sich in ihrem Beruf mit Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung und Zirkularität. „Ich möchte ein tieferes Verständnis dafür bekommen, wie Gesellschaft, Staat und Unternehmen ein besseres System für alle erlangen können“, erklärt die 30-Jährige. „Auf den Master freue ich mich, weil er mein Interesse an internationaler Zusammenarbeit, nachhaltiger Entwicklung und Soziologie mit meinem betriebswirtschaftlichen und internationalen Studienhintergrund verbindet.“
Einzigartig an dem neuen Masterstudiengang ist dabei der Schwerpunkt in den Geistes- und Sozialwissenschaften, der komplementiert wird durch ein breites Angebot aus anderen Fächern im Wahlpflichtbereich. Die Liste der Fakultäten und Fachbereiche der LMU, die an seiner Lehre beteiligt sind, ist lang und reicht von Katholischer Theologie über Jura, Geschichte und Musikwissenschaft, Ethnologie, Amerikanistik und Politikwissenschaft bis hin zu etwa Biologie und Humangeographie. Studierende können aus 47 verschiedenen Wahlpflichtmodulen aus dem Lehrkatalog des RCC und der beteiligten Fakultäten wählen: „Geographical Concepts of Sustain-ability” aus der Humangeographie, „Mensch und Umwelt in der romanistischen Diskussion“ aus der Romanistik oder „Marine Biology” aus der Geobiologie sind nur wenige Beispiele. Daneben gibt es im Wintersemester 2022 beispielsweise Seminare wie „Visionary
Ecologies“, „Green Pop Cultures“, „Mining, Conservation and Zoonotic Diseases“ oder „America’s National Park System“ zu belegen.
Damit eröffnet das Masterprogramm nicht zuletzt verschiedenste berufliche Perspektiven – von Positionen in Forschung, Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung über internationale Organisationen, Unternehmens- und Politikberatung bis hin zu Journalismus, Medien und Museen.
„Streifzüge durch Stadt und Land”
Entstanden ist der Masterstudiengang auch als Reaktion auf die steigenden Bewerberzahlen des „Environmental Studies Certificate Program“ sowie des Promotionsprogramms am RCC. Eine Um-frage unter Teilnehmenden des aktuellen Zertifikatsprogramms ergab zudem, dass viele der Studierenden an einem vollwertigen Masterstudiengang zu diesem Thema interessiert wären. Eine Förderung durch die VolkswagenStiftung ermöglicht dabei eine Reihe zusätzlicher Workshops, kurzfristiger Gastprofessuren und den Einsatz innovativer Lehrmittel.
„Aber das Studium allein in Archiven und Bibliotheken reicht bei diesem Thema nicht aus”, erklärt RCC-Direktor Professor Christof Mauch. „Integraler Bestandteil des Programms sind daher Streif-züge und Exkursionen durch städtische und ländliche Landschaften. Neben dem Laptop werden die Studierenden also gelegentlich auch ihre Wanderstiefel einpacken müssen.” Unter anderem geht es bei den zahlreichen Exkursionen in urbane Gärten, den Botanischen Garten München, zu Renaturalisierungsflächen im bayerischen Voralpenland, internationalen Umweltprojekten unter anderem in Estland und nicht zuletzt in den Nationalpark Bayerischer Wald.
Der Holzstuhl mitten im Wald, schlicht, sonnenbeschienen und mit Samtbezug, hat es schließlich auch auf das Plakat geschafft. „Umwelt, um die es in unserem Studiengang geht, ist sozial gewordene Natur”, so Professor Mauch, „Wer dieses einzigartige Fach studiert, lernt den Einfluss des Menschen auf die Natur zu verstehen – und im Umkehrschluss den Einfluss der Natur auf den Menschen.”
> ν ajb
> www.environmentmaster.carsoncenter.uni-muenchen.de
Über Bewerbungen für das Wintersemseter 2023/24 freut sich das RCC ab März 2023.
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