An der Mediaschool Bayern können sich LMU-Studierende kostenlos in der Medienwelt ausprobieren. Live und vor Publikum. Bekanntestes Aushängeschild ist der Ausbildungssender M94.5, aber auch im Bereich Fernsehen, Podcasts oder Onlineformate gibt es auf dem Gelände in Ismaning keine Grenzen. Das Konzept ist gemeinwohlorientiert und hat nur ein Ziel: die Ausbildung des Mediennachwuchses stärken. Die LMU ist Kooperationspartner.
Das sogenannte Selbstfahrerstudio ist der wichtigste Raum in jedem Radiosender. Dort können die Moderatorinnen und Moderatoren eigenständig die Songs hoch- und runterfahren oder zum Beispiel durch Ansagen live ins laufende Programm eingreifen. Jeden kleinsten Fehler hört das Publikum sofort. Daher hängt vor dem Studio auch eine echte Verkehrsampel, die grell rot leuchtet, wenn „on air“ gesendet wird. „Das Studio ist unser Herzstück“, sagt Andre Wengenroth. Er ist betreuender Redakteur bei M94.5 in Ismaning. Und dann macht er etwas, was normalerweise niemals passieren sollte: Während die Musik läuft, drückt er ohne Vorwarnung den Stopp-Knopf. Er herrscht Stille. Im Studio – und auch bei den Hörerinnen und Hörern.
Andre grinst. „Gerade ist Teststreckenzeit, da dürfen Fehler passieren“, erklärt der 28-Jährige, während er den nächsten Song anklickt. Aber auch nur da. M94.5 ist ein Ausbildungsradio, in dem sich der Radionachwuchs ausprobieren kann. Bei den Teststrecken am Vormittag und am Nachmittag können eigene Playlists und Skripte live vor Publikum ausprobiert werden. „Wenn man sich da mal verhaspelt, ist das überhaupt nicht schlimm“, versichert Andre. Nach jeder Sendung gibt es persönliches Feedback. Meistens heißt es: „Keep it simple“. „Viele schreiben ihre Moderationstexte wie eine Hausarbeit“, sagt Wengenroth. Aber nach sechs bis acht Teststrecken seien die meisten bereit für ihre erste Primetime-Sendung.
160 bis 200 Studierende machen pro Jahr eine Ausbildung bei M94.5. Damit das Studium nicht zu kurz kommt, müssen sie nur einen Tag in der Woche im Sender sein – die meisten sind aber öfter da. Zusätzlich gibt es noch Stipendienplätze, Volontariate und viele Praktikantenstellen, die für maximal drei Monate vergeben werden. „Die meisten sind zwischen 18 und 21 Jahre alt und wollen herausfinden, ob Medien und Journalismus das Richtige für sie sind“, erläutert Andre.
Morgens in der Redaktionskonferenz werden die Themen des Tages besprochen. Danach beginnt jeder mit der Recherche, den Interviews und dem Einsprechen seines Beitrags. Chef vom Dienst ist immer ein anderer Studierender. Heute ist es Tim, der gerade einen Podcast zu den Arbeitsbedingungen in der Forschung abnimmt, also Feedback gibt.
Im neuen Twitch-Studio wird gedaddelt und gesungen
Für die Aufnahmen gibt es neben dem sogenannten Studio B noch ein weiteres Studio, in dem Audio- und Videopodcasts aufgenommen werden können. In einem der vielen Büroräume sitzt LMU-Politikstudent Sebastian am Rechner. Er produziert gerade einen Social-Media-Post für die Satiresendung Late Night 089, die auf Youtube und auf München TV läuft. „Wir haben dort jeden Tag einen Slot“, erzählt Andre und öffnet ein paar Schritte weiter die Tür des Regieraums. Dort sitzen zwei Auszubildende, die gerade eine Sendung aufzeichnen. Im TV-Studio nebenan können angehende Moderationstalente und Kamerakinder echte Fernsehluft schnuppern. Hinter der schweren Metalltür gegenüber verbirgt sich das neue Twitch-Studio, das für Gaming, kleine Konzerte oder Sondersendungen genutzt wird.
Ums Geldverdienen geht es an der Mediaschool Bayern nicht, auch wenn studentische Führungskräfte, Azubis und Festangestellte natürlich Geld bekommen. „Hauptsächlich wird den jungen Menschen eine Spielwiese geschenkt, in der die Kreativität keine Grenzen kennt“, versichert Andre. Jeder könne alles machen und erhalte dafür die entsprechenden Kurse, Werkzeuge und Kontakte.
Finanziert wird das von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, verschiedenen privaten Hörfunk- und Fernsehsendern sowie diversen Journalistenschulen. „Die Ausbildung dient dazu, später in allen Medienbetrieben loszustarten“, sagt Andre. Deswegen würden auch so viele Gesellschafter in das Konzept einzahlen. Die LMU ist ebenfalls ein Kooperationspartner.
Gewinne sollen damit nicht erwirtschaftet werden, alle Gelder fließen in die Nachwuchsförderung beziehungsweise in die Gehälter der Festangestellten wie Andre. Er will auf jeden Fall noch länger bei M94.5 bleiben, seine Aufgabe als betreuender Redakteur helfe ihm nicht nur im Umgang mit der Praxis, sondern auch bei der Teamführung. „Aber irgendwann muss man weiterziehen“, sagt er mit Blick auf sein Alter. „Der Sender lebt von den Veränderungen durch junge Menschen.“
• dl
0 Kommentare